Schwingungen und Wellen


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SW 2.10.1 Mikrowellenversuch

Versuche zur Theorie der Reflexion elektromagnetischer Wellen mit Hilfe des Dipol-Systems


1. Einführung

Die Versuche mit elektromagnetischen Wellen sind aus historischen Gründen auf die Darstellung der Analogien mit Lichtwellen angelegt. Dabei entgeht der Reflexionsvorgang etwas der Aufmerksamkeit. In diesem Sinne behandeln auch die Schulbücher dieses interessante Gebiet. Nur einige Neuerscheinungen befassen sich mit dem Reflexionsvorgang. Dabei erscheinen die experimentellen Grundlagen ergänzungsbedürftig, da die Theorie der Reflexion nicht mit speziellen Wellenversuchen, sondern lediglich mit bewährten mechanischen Modellen eingeführt wird.

Die Reflexion erscheint als elementarer Interferenzprozeß von verblüffender Klarheit, wenn man Experimente mit dem unten beschriebenen einfachen Zusatzgerät zum Mikrowellensender ausführt. Nebenbei führen die Versuche zum Verständnis der Funktion von Richtantennen für Fernsehempfänger.

Gearbeitet wird mit einem System sekundär erregter Antennen als Sender, dessen Interferenz-Wellenfront wir untersuchen. Zunächst wird der Beweis erbracht, daß sich sekundär erregte Antennen wie normale Sender verhalten, dann führen weitere Versuche zum Verständnis der Reflexion an metallischen Platten.


Dipolsystem
Abb. 1
    2. Gerätebeschreibung

Das zum Mikrowellensender benötigte Dipolsystem zeigt Abb. 1. Es besteht aus einer nicht leitenden Platte der Größe 15 x 15 cm. Auf ihrer Oberfläche besitzt sie ein quadratisches Muster von senkrechten, konischen Löchern. Der Abstand der Lochreihen ist gleich einer vierter bzw. halben Wellenlänge des Mikrowellensenders.

Zum Gerät gehören 9 Metallstäbe von 12,5 cm Länge, dem Vierfachen der Wellenlänge. Sie sind an einem Ende konisch geschliffen, so dass sie fest in die Löcher der Platte eingesetzt werden können. Das andere Ende ist weiß gefärbt. Die Metallstäbe werden unter der Platte in Klemmvorrichtungen aufbewahrt.

Die Platte ist von einem Stiel mit 10 mm Durchmesser getragen, der sich genau unter ihrem Mittelpunkt befindet. Die Stiellänge ist so gewählt, daß die Mitten der Metallstäbe in Höhe des Mikrowellensenders und -empfängers liegen, wenn alle Geräte in Dreifüßen auf dem Experimentiertisch stehen.

3. Versuche zur Strahlung von Dipolsystemen

Im ersten Versuch (Abb. 2) stecken wir auf die Platte insgesamt fünf Stäbe an die Ecken und in die Mitte eines Quadrats. Ihr Abstand in der Diagonalen beträgt eine Wellenlänge.

Versuchsaufbau
Abb. 2

In Richtung einer Diagonalen wird waagerecht aus geringer Entfernung (ca. 20 cm) mit dem Mikrowellensender eine mit Tonfrequenz modullierte Welle eingestrahlt. Der Empfänger steht seitlich, außer Reichweite der erregenden Welle in Richtung der zweiten Diagonale. Die von ihm abgegebene Spannung wird einem Verstärker zugeführt und mit einem Lautsprecher hörbar gemacht. Bei dieser Anordnung stellen wir Empfang fest: das Antennensystem strahlt also rechtwinklig zur erregenden Welle. Schon bei geringfügiger Drehung der Platte verschwindet der Empfang: Eine Herausforderung für den problemfreudigen Studenten! Bereits an dieser Stelle kann man eine Deutung versuchen.

Der zweite Versuch zwingt den Lernenden endgültig auf den richtigen Weg: Wir setzen in der Stellung mit größter Empfangs Lautstärke auf den Diagonalen zwischen je zwei Antennen ein weitere ein. Dadurch erlischt der Empfang nahezu vollständig.

3.1 Deutung

Schon der erste Versuch bietet ein überschaubares Beispiel für Interferenz:

Die Stäbe sind Sender. Sie schwingen wegen der räumliche Anordnung in bezug auf die erregende Welle alle in gleicher Phase, denn die Stäbe sind von ihren Reihennachbarn jeweils eine ganze Wellenlänge entfernt.

Diese zeitliche Phasengleichheit bleibt nur in bestimmten bevorzugten Richtungen auch räumlich erhalten. Es sind die Richtungen der Diagonalen. Im zweiten Versuch sind die Abstände der Dipolstäbe auf eine halbe Wellenlänge verkürzt. Dadurch werden die Sender in Längsreihen parallel zur Einfallsrichtung der erregenden Welle wegen der Laufzeitdifferenz alternierend mit entgegengesetzten Phasen erregt.

Am Ort des Empfängers bleiben diese Phasen der Längsreihenellen erhalten, weil sich die Weglängen kaum unterscheiden. Die Wellen löschen sich aus.

Die Sender in der Querreihe werden synchron erregt, da hier ein Wegunterschied für die erregende Welle fehlt. Am Ort des Empfängers jedoch besitzen die von ihnen ausgesandten Wellen aufgrund des Wegunterschiedes ebenfalls alternierende Phasen, so dass auch sie sich gegenseitg auslöschen.

Freilich löschen sich die Wellen dieses Antennensystems nicht nach allen Richtungen aus. Es reflektiert eine Welle zurück zum erregenden Sender und ersetzt in der entgegengesetzten Richtung die Primärwelle durch die eigene Strahlung.

Entfernt man im zweiten Versuch die Querreihe der Dipole aus dem System, so hat man ein Modell der Direktoren einer Fernsehantenne, die auf die vom Sender ankommende Welle ausgerichtet ist. Sie strahlt eine von vorn in der Ebene der Stabreihe einfallende Welle nach hinten zum Faltdipol weiter, während eine von einem Dach reflektierte Welle aus anderer Richtung daran vorbeigeführt ist.

4. Versuch von Reflexion an Metallischen Platten

Der dritte Versuch führt schließlich zum Modell der Reflexion an einer Metallplatte. Dazu setzen wir alle neun Stäbe in eine Reihe. Diese Antennenwand kömmt in ihrer Reflexionswirkung einer Platte gleich. Entsprechend den Erkenntnissen aus den vorangegangenen Versuchen ist hier die Reflexionserscheinung als Interferenzvorgang von den Abständen der Stäbe unabhängig. Die Wand kann Verdichtungen und Lücken enthalten.

Die momentanen Phasenunterschiede der Ströme in den einzelnen Stäben sind durch die von der Einfallsrichtung abhängigen Wegunterschiede für die erregende Welle gegeben. Es kommt zu allgemeiner Interferenz. Dabei wird durch die Wegunterschiede der abgestrahlten Elementarwellen nur in einer einzigen Richtung Phasengleichheit erzielt. Damit ist der Ausfallswinkel gegeben.

Zur Anwendung und Vertiefung der Erkenntnisse bieten sich Modelle für Sendeantennen mit Richtcharakteristik für den Lang- und Mittelwellenbereich an. Sie lassen sich durch geeignete Anordnung von einfachen oder gestaffelten Dipolreihen darstellen, die synchron oder alternierend erregt werden.

5. Benötigtes Material (gemäß Abb. 2)

1  Dipolsystem
1  Mikrowellennetzgerät
1  Mikrowellensender mit Klystron
1  Mikrowellen-Richtempfänge
1  NF-Verstärker
1  Lautsprecher
3  Dreifuß PASS





PHYWE: Dipolsystem 06860.01